29.03. - 14.04. Fuerteventura

Das ungemütliche Wetter vertreibt uns schnell vom Playa del viejo Rey, den wir so ganz anders in Erinnerung hatten und wir machen uns auf zur Costa Calma. Diese macht ihrem Namen alle Ehre. Die Sonne scheint, das Meer leuchtet in allen Türkis- und Blautönen und wir finden einen schönen Platz mit Meerblick und direktem Strandzugang auf den Klippen der Felsküste am südlichen Ortsende.

Costa Calma
Costa Calma, Meer, Sand, Strand, Beine

Costa Calma ist einer der großen touristischen Hotspots von Fuerteventura. Es wird Massentourismus in großem Stil geboten. Also eigentlich so gar nicht unser Ding. Und trotzdem fühlen wir uns hier unglaublich wohl.

 

Woran liegt das? Nun - das hat mehrere Gründe. Aktuell sind viele der großen Hotels geschlossen und nur wenige Urlauber vor Ort. Daran liegt es aber nicht. Sehr positiv ist, dass der Ort übermäßigen Bausünden entgangen ist, viele Grünanlagen hat und auch die sonst übliche „Partymeile“ fehlt völlig. Wer hier Urlaub macht sucht Ruhe und Entspannung, was der Costa Calma auch den Beinamen „Costa Koma“ eingebracht hat.

 

Wir suchen Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit. Das lässt sich normalerweise mit einem Touristen Hotspot nicht vereinen – an der Costa Calma aber schon. Von dem südlichen Ortsende bis nach Morro Jable ziehen sich rd. 20 km Sandstrand - zumindest bei Ebbe ohne Unterbrechung. Da findet jeder ein ruhiges Plätzchen und bekleidete als auch unbekleidete Strandbesucher teilen sich den Strand, ohne sich gegenseitig zu stören.

Costa Calma, Strand, Meer, Wohnmobil

 Aber nicht nur die Urlauber wissen die klimatischen Besonderheiten der Costa Calma zu schätzen. Auch die Tierwelt erfreut sich der geschützten Lage und da sie an Menschen gewöhnt sind, bieten sich jede Menge Beobachtungsmöglichkeiten aus nächster Nähe. Das gilt für die handzahmen Atlashörnchen genauso wie für die eher scheuen, prächtig gefärbten Krabben und die vielen verschiedenen Vogelarten unter denen auch schon mal ein seltener Gast aus Afrika wie der heilige Ibis gesichtet werden kann.

Vogelbeobachtungen an der Costa Calma

Das Atlashörnchen polarisiert wie kein anderes Tier auf Fuerteventura. Die einen freuen sich über die niedlichen Nager und füttern begeistert. Die anderen sehen in ihnen einen Ernteschädling und Eierräuber und würden die aus Marokko eingeschleppte Art gerne wieder los werden. Interessante Informationen, die auch eine die Hörnchen entlastende Studie vorstellt findet man unter folgendem Link: www.fuerteventurazeitung.de/2019/12/atlashoernchen-auf-fuerteventura/

Atlashörnchen, Fuerteventura

Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Hörnchen kein Interesse an Vogeleiern hatten, selbst wenn man sie in Gefangenschaft gehaltenen Tieren als Futter anbot. Bei einer Untersuchung betroffener Felder kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die meisten Schäden nicht von Atlashörnchen, sondern von Ratten verursacht worden waren. Letztlich werteten sie die Beeinträchtigung der Landwirtschaft auf Fuerteventura als „nicht signifikant“ und bezeichneten die Furcht der Landwirte vor den Atlashörnchen sogar als „kollektive Psychose“. Außerdem erkannten die Biologen schon damals, dass die vielen Ziegen, die frei in der Landschaft herumlaufen, einen viel größeren Druck auf die Vegetation ausüben, als die Atlashörnchen. Auch werden zu Jagdzwecken immer wieder Kaninchen ausgesetzt. Auch diese sind eine invasive Art und verdrängen durch Nahrungskonkurrenz andere Arten. Davon spricht aber niemand, da die Jagd ein nationaler Volkssport ist.

Atlashörnchen, Fuerteventura

Wie auch immer – die Touristen sind von den Hörnchen jedenfalls begeistert und an der Costa Calma wird mehr gefüttert, als die Tiere überhaupt verdrücken können. Allerdings hat der durch Corona stark reduzierte Tourismus nicht nur die Wirtschaft der Insel getroffen sondern auch die an regelmäßiges füttern gewohnten Hörnchen. Vor zwei Jahren war die Population der Hörnchen wesentlich größer und die Tiere zahmer – d.h. an regelmäßiges Füttern gewöhnt.

 

Die von mir beobachtete Hörnchenfamilie hat gerade Nachwuchs und mal ehrlich – was gibt es niedlicheres als Babyhörnchen. Die Kleinen sind noch scheu und kommen nicht zu den Futter anbietenden Touristen. Dafür betteln sie dann geschickt den Muttertieren das Essen – am liebsten ungesalzene Erdnusskerne – ab. Wird gefüttert bekommen das auch die vielen Vögel mit und vor allem die Steinwälzer werden zur Enttäuschung der Fütternden so massiv, dass die Hörnchen kaum etwas abbekommen. Da Steinwälzer nur ungefähr amselgroß sind, ein weiterer Hinweis darauf, dass die Hörnchen als Eierdiebe wohl keine Chance hätten.

Ein besonderes Highlight für Tierfreunde sind auch die farbenprächtigen Roten Felsenkrabben (auch Rote Klippenkrabbe, Grapsus adscensionis). Bei meinen täglichen Strandspaziergängen entdecke ich einen Felsen, an dem extrem viele Krabben zusammenkommen und so mit sich und ihresgleichen beschäftigt sind, dass ich auch ohne starkes Zoom gute Aufnahmen machen könnte.

Roten Felsenkrabbe, Rote Klippenkrabbe, Grapsus adscensionis

Viel ist über das Verhalten der Krabben im Internet nicht zu finden, aber ich komme zu dem Schluss, dass es sich hier um einen „Hochzeitsfelsen“ handelt, einen Platz, an dem die Tiere aggressionslos zusammenkommen, um zur Vermehrung der Art beizutragen. Es ist interessant zu beobachten, das die farbenprächtigen Männchen nur posieren und auf ihre Präsenz setzen. Obwohl es auf den Bildern manchmal so aussieht, als ob gleich ein Kampf bevorsteht, wurde weder gerempelt noch wurden die Scheren eingesetzt. Es waren übrigens die Weibchen, die sich ihren Partner aussuchten und sich ihm näherten.

Die Geschlechterzuordnung bei den obigen Bildern habe ich hauptsächlich aus dem Verhalten und dem eindeutigen Prachtkeid der Krabben abgeleitet. Noch ganz schwarz gefärbte Jungkrabben namen nur aus der Ferne an dem Treffen teil. Sofern man der Krabbe habhaft wird ist die Geschlechtsbestimmung ganz einfach wie man an den unteren Bildern sieht. Dafür musste keine Krabe leiden oder sterben. Es sind Bilder von den reichlich am Strand zu findenden leeren Häutungspanzern (Cuticula, Exoskelett). Sie sehen meist völlig unverseht aus. Das liegt daran, dass die Krabbe über das hintere Körperende "aussteigt".

Keiner zu Hause! Häutungspanzer einer jungen Roten Felsenkrabbe (Grapsus adscensionis)
Keiner zu Hause! Häutungspanzer einer jungen Roten Felsenkrabbe (Grapsus adscensionis)

Nach einigen Tagen kommen Inma und Stefan zu uns und an einem windstillen, sonnigen Tag planen wir einen Ausflug nach Cofete. Die Gegend dort hatten wir vor 2 Jahren genauer erkundet, aber wir haben den Wunsch Cofete auch mal bei „schönem“ Wetter zu erleben. Das ist gar nicht so einfach, da die Küste bei Cofete die „Barlovento“ Seite ist. D.h. also dem Wind zugewandt und somit durchaus ungemütlich selbst wenn an der Costa Calma bestes Badewetter herrscht. Wir fahren mit dem Sprinter vor und unsere Freunde folgen wenig später mit dem Motorrad.

Piste nach Cofete, Furteventura, Berge, Wüste
Piste nach Cofete

Wer nach Cofete möchte, hat ab Morro Jable rd. 10 km mehr oder weniger gute Piste vor sich. Es hat schon seinen Grund, dass Mietwagenfirmen diese Strecke verbieten sofern man keinen Geländewagen ordert. Trotzdem befahren auch jede Menge PKW´s den Cofete Highway. Allrad braucht man dafür nicht.  Nach rd. 5 km erreichen wir die Passhöhe Degollada de Agua Oveja (259 m) von der man einen herrlichen Blick entlang der Strände und der Bergkette bis zum Istmus und bei klarem Wetter auch darüber hinaus hat. Heute spielt das Wetter mit. Bei unserem letzten Besuch sind wir hier fast weggeflogen.

Der Cofete Highway. Kein Witz - die Piste heißt wirklich so!
Der Cofete Highway. Kein Witz - die Piste heißt wirklich so!
Piste, Wohnmobil, Cofete, Berge

Cofete ist wohl die abgelegenste Ansiedlung auf Fuerteventura. Allerdings leben hier nur sehr Wenige und meist auch nur am Wochenende oder im Sommer. Das ist bei der abgelegenen einsiedeleiartigen Lage auch verständlich. In früheren Zeiten haben sich die Menschen hier angesiedelt, da die am Risco aufgestauten Passatwolken verhältnismäßig viel Regen brachen.

Was heutzutage die Touristen nach Cofete zieht ist die wilde, unberührte Natur und die kilometerlangen Sandstrände. Strandspaziergänge kann man hier fast endlos machen. Baden wegen der Strömungen lebensgefährlich. Mehr als „Kniehoch“ geht auch an ruhigen Tagen nicht!

 

Sofort in den Blick fällt der alte Friedhof direkt am Strand. Sandwehen haben das Tor blockiert und viele der alten Gräber zugedeckt. Es herrscht eine recht spezielle Atmosphäre irgendwo zwischen „Vom Winde verweht“ und „Pirates of the Caribbean“.

Geht man vom Parkplatz zum Strand erfährt man ein extremes Gefühl von Weite. Vor uns ist nichts als das unendlich wirkende Meer. Hinter uns ein massiver Bergzug. Nach Süden schauen wir auf 6 km Sandstrand den Playa de Cofete. Nach Norden blicken wir ebenfalls auf rd. 6 km Sandstrand, den Playa de Barolvento. Warum auch immer man diesen durchgehenden Strand mit zwei Namen versehen hat wissen wir nicht. Die Landschaft von Cofete hat schon eine besondere Ausstrahlung und diente u.a. als Kulisse für den Hollywood Blockbuster "Exodus". 

Cofete, Strand, Berge, Wohnmobil

Vom Parkplatz führt eine holperige, sandige Piste in Richtung Istmo de la Pared. Stefan fährt mit dem Motorrad voraus und wir folgen mit dem Sprinter. Nach ein paar Kilometern stehen wir für unsere Begriffe einsam genug und haben auch genug von der Holperpiste. Die Landschaft ändert sich ohnehin nicht und bis zu den bizarren Felsen des Roque del Moro ist es uns definitiv zu weit.

Wir verbringen noch ein paar Tage an unserem alten Platz an der Costa Calma und ziehen dann mit unseren Freunden ein Stück weiter zum Playa de la Barca. Dieser Strand mit seiner angrenzenden Lagune ist einer der angesagtesten Windsurf- und Kitesurf-Spots der Insel . Wir stehen auf einem Parkplatz direkt oberhalb der bekannten Surfschule René Egli und schauen Stefan beim Kiten zu. Gar nicht so einfach. Mal ist der Wind zu stark, dann zu schwach – man braucht schon Geduld als Kiter.

Playa del Barca

Der Playa de la Barca mit seinem feinen, fast weißen Sand zieht sich rd. 5 km Richtung Süden, bis er in den Playa Risco de Paso übergeht. Bei Flut läuft der hintere Teil des Strandes bis in Hüfthöhe mit Wasser voll und bildet eine türkisfarbene, flache Lagune. Bei guten Windverhältnissen sind hunderte Wind- und Kitesurfer in der Lagune und auf dem Meer unterwegs und man wundert sich, dass es keinen Leinensalat gibt.

Playa de la Barca, Kiter, Surfer

Als Badestrand eignet sich der Playa de la Barca nicht so richtig. Für einen entspannten Strandtag ist es meist einfach zu windig und man muss auch die vielen Wassersportler im Blick behalten.

Playa de la Barca

Am 12.04. machen wir einen Ausflug nach Morro Jable. Doch zuerst schauen wir uns das „Lebkuchenhaus“ in der Nähe von Esquinzo an. Es wurde von dem Architekten Antonio Padrón Barrera errichtet, der auch die Wohnsiedlung Los Villarreales auf Lanzarote erbaut hat (s. Bericht 12/2020). Hier, so finden wir, hat er auf jeden Fall übertrieben. Das ist nicht nur Zuckerbäckerstil – nein das ist ein stilechtes Hexenhaus aus der Weihnachtsbackstube. Direkt vor dem Lebkuchenhaus – das man übrigens mieten kann - steht ein unvollendeter Rohbau. Schaut man sich den von innen an, wundert man sich, dass das Ganze überhaupt zusammenhält.

Das Lebkuchenhaus (Architekt Antonio Padrón Barrera)

In Morro Jable treffen wir uns mit Inma und Stefan am Ortseingang bei dem eindrucksvollen Skelett eines etwa 15 Meter langen Pottwals. Alle auf Fuerteventura ausgestellten Walskelette stammen von an den Küsten angeschwemmten, tot aufgefundenen Tieren. Auf den gepflegten Rasenflächen auf dem breiten Mittelstreifen der Küstenstraße tummeln sich Mönchssittiche (Myiopsitta Monachus). Das ist ein Bild von solch einem intensiven Grün, dass ich mich von diesem Fotomotiv kaum losreißen kann. Die Salzwiesen zwischen Meer und Straße sollen ja ein ganz besonderes Vogelparadies sein, allerdings scheint das Federvieh den Rasen vorzuziehen. Dort sind Kuhreiher, Sittiche und sogar ein Heiliger Ibis zu beobachten.

Unser Interesse gilt jetzt aber der „Kunst am Leuchtturm“. Die diversen Skulpturen sind während eines internationalen Bildhauersymposiums in Jandia entstanden. Weitere Informationen zum Künstler etc. sind leider nicht zu finden. Die allesamt aus Altmetallteilen bzw. Edelrostmetall gefertigten Skulpturen stehen an der Uferpromenade mit direktem Blick zum Leuchtturm. Wir finden sie sehr gelungen und es ist reizvoll sie zusammen mit dem Leuchtturm zu fotografieren.

Morro Jable - Kunst am Leuchtturm - Rochen

Anschließend fahren wir zum Playa Risco de Paso.Er besteht aus feinem Muschelsand, der stetig durch den Nord-Ost Passat von der Westküste herüber getragen wird. Er lagert sich an der windabgewandten Seite (Sotavento) ab und lässt die großen Dünen am südlichen Ende des Strandes stetig anwachsen.

Da es hier aufgrund der Unterwassertopografie keine starke Brandung und auch keine Strömungen wie an der Westküste gibt, ist der Strand gut als Badestrand geeignet. Nur das Wetter will nicht mehr mitspielen und deshalb machen wir uns am 14.04. erneut auf nach Morro Jable um uns ein Fährticket nach Gran Canaria zu besorgen (52,49 € pro Person und 20,29€ für den Sprinter; alles zusammen incl. Steuer 132,96 €)

Blick auf die große Dühne und den Playa Risco de Paso
Blick auf die große Dühne und den Playa Risco de Paso

Die großen Adlerrochen können wir auch dieses Jahr im Hafenbecken bei der Cofradia beobachten. Für Fotos ist das Wasser aber zu unruhig.

Die Schildkrötenstation im Hafen hat leider geschlossen, aber ein Mitarbeiter sieht meinen Versuch durch den Zaun zu fotografieren und ist so freundlich mit meinem Handy einen Fotorundgang durch die Station zu machen. Die Station widmet sich der Pflege verletzt aufgefundener Schildkröten, die nach ihrer Genesung wieder ausgewildert werden. Die Schildkröten schwimmen in übergroßen „Badewannen“. Nicht sehr fotogen, aber hier geht Zweck vor Optik und die Station verdient jede Unterstützung.