01.01.- 31.01. Lanzarote

Naturpool, Meer, Charco de Palo, Rockpool

Naturpool in Charco de Palo

Nachdem es das Wetter zwischen den Feiertagen sehr gut mit uns gemeint hat, bestimmt das Sturmtief Filomena in den ersten Tagen des neuen Jahres das Wetter auf den Kanaren. Seine volle Zerstörungkraft entfaltet es derzeit über den südlicheren Inseln. Die teils heftigen Sturmböen sorgen örtlich für Zerstörung, bringen jedoch auch dringend benötigtes Regenwasser mit sich. Die Stauseen und Dämme Gran Canarias führen so viel Wasser wie seit 2011 nicht mehr. Demnach schüttete Unwetter Filomena innerhalb von nur wenigen Tagen über elf Millionen Kubikmeter Wasser über der Insel Gran Canaria aus. Auf der höchsten Messstation auf der Montaña Blanca auf Teneriffa wurden in acht Tagen 234 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. Im Jahr 2020 war es nur ein Liter pro Quadratmeter. Ein wahrer Segen, der genügend Wasser gebracht hat, um damit drei Jahre lang zu gießen. Auf Lanzarote hatten wir zumindest das Glück nur am Rand von Filomena tangiert zu werden und waren bis jetzt noch jeden Tag im „Fischteich“ schwimmen – allerdings eher kurz!

Am ersten Sonntag des Jahres treffen wir uns mit Ute in Famara zum Strandspaziergang. In der Nacht hat der Wind etliche Sanddünen aufgehäuft und wenn man nicht so genau hinschaut, könnte man sie fast für Schnee-wehen halten. Auf der Hauptstraße ist ein Radlader im Einsatz, da die ersten Fahrzeuge Schwierigkeiten haben nicht stecken zu bleiben.

Bei Ebbe taucht ein Seeungeheuer zwischen La Graciosa und dem Playa de Famara auf.
Bei Ebbe taucht ein Seeungeheuer zwischen La Graciosa und dem Playa de Famara auf.
Wohnmobil in Waschanlage auf Lanzarote

Nach all der salzigen Gischt, hat unser Sprinter sich eine Wäsche verdient. Fast alle Tankstellen haben neben den üblichen überdachten Waschplätzen auch einen ohne Überdachung und mit Leiter. Bezahlt wird per Münzeinwurf (jeweils 1 Euro). 2 -3 Euro reichen, damit unser "Kleiner Wagen" mal wieder salzfrei ist.

Anschließend fahren wir nach Teguise und besuchen die Malerin Suzette in ihrem Studio in der Altstadt. Schon vor einigen Wochen hatten wir das kleine Studio entdeckt und konnten die farbenprächtigen Delfinmotive bewundern, die Suzette auf Treibholz malt. Mittlerweile haben wir Suzette näher kennengelernt, da die Künstlerin in Charco de Palo wohnt und wir uns oft sehen, wenn sie am „Fischteich“ sitzt und neue Bilder malt. Und so kommt es, dass unser Wohnzimmer um ein weiteres Gestaltungselement bereichert wird. Ab heute begleitet uns ein kleiner Delfin auf unseren Reisen.

Die Weihnachtsfeiertage haben die Coronafälle auf Lanzarote massiv in die Höhe schnellen lassen. Noch zu Jahresbeginn lag die kumulative Inzidenz (CI) bei 47,9. Dann jedoch schnellten die Fallzahlen in die Höhe. Am 15.01. liegt die CI auf Lanzarote bei 370 und toppt damit alle anderen Kanarischen Inseln um Längen. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass für Lanzarote eine eigene Krisenstufe (4) ausgerufen wurde und die Insel abgeriegelt wird. Das bedeutet, Ein- und Ausreisen dürfen nur noch aus wichtigem Grund erfolgen (Reisen zu Zweitwohnsitzen gelten nicht als wichtiger Grund, Touristen mit negativem PCR- Test, die in offiziell registrierten Touristenunterkünften wohnen, dürfen dagegen kommen.)

Zwischen 22:00 und 6:00 Uhr ist Ausgangssperre, wobei ab 18 Uhr nur noch „systemrelevante Tätigkeiten“ ausgeübt werden dürfen und die Restaurants schließen müssen. Im öffentlichen Raum ist die Gruppengröße auf 2 Personen und nur aus demselben Haushalt begrenzt, d.h. Treffen mit Freunden sind nicht mehr gestattet. Auch in privaten Räumen sind keine Besuche erlaubt. Es dürfen sich nur noch die fest im Haushalt Lebenden dort aufhalten, aber in Restaurants dürfen sich immerhin noch max. 4 Personen treffen. So ganz logisch finden wir das nicht, aber es berührt uns auch nicht weiter. Aufgrund der wechselnden Einstufungen, die weder plan- noch absehbar sind, haben wir ohnehin beschlossen auf Lanzarote zu bleiben und die weitere Entwicklung in Ruhe abzuwarten. Hinzu kommt, dass es uns in Charco de Palo sehr gut gefällt und wir hier inzwischen einige sehr nette Bekanntschaften gemacht haben. Das Dörfchen ist sehr ruhig, abgelegen und ungezwungen und damit für uns nicht nur in diesen seltsamen Zeiten ein idealer Aufenthaltsort.

Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit am großen Rockpool – von uns auch Fischteich genannt – mit sonnenbaden, schwimmen und Naturfotografie. Immer wieder entdecke ich neue, tierische Bewohner dieses interessanten Ökosystems und probiere meine Kamera an ihnen aus.

An einem Tag entdecke ich eine kleine Portugiesische Galeere (Carabela portuguesa, Physalia physalis) im Rockpool. Glücklicherweise bleibt es bei der Einen. Die Portugiesische Galeere ist eine schön anzuschauende, intensiv blau leuchtende "Qualle". Eigentlich ist ihr Schwimmkörper nur Transportmittel für eine Kolonie unabhängiger Polypen, die sich zu einer Lebensgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Das von mir entdeckte Exemplar ist ca. 5 cm groß und damit noch sehr klein. Ausgewachsene Exemplare haben Schwimmblasen bis zu einer Größe von ca. 20 cm. Äußerst unangenehm ist die heftige Nesselwirkung der bis zu 50 Meter lang werdenden Tentakeln. Wer also meint eine solche Schwimmblase in sicherem Abstand umschwimmen zu können, muss schon einen sehr großen Bogen machen. Die Nesseln hinterlassen auf der Haut rote Pusteln und Striemen, die wie Peitschenhiebe aussehen. Trifft es einen im Gesicht oder anderen empfindlichen Hautstellen, können Narben zurück bleiben. Sollte man mit den Nesseln in Kontakt kommen, muss sofort kräftig und länger richtig heißes Wasser, so heiß es geht, über die betroffenen Stellen gegossen werden. Das Gift ist ein Protein Gemisch, das sich ab 50 Grad umwandelt und wirkungslos wird.

Leben im Rockpool von Charco del Palo

Mehr Fotos von Meereslebewesen gibt es hier!

Zwischen den Felsen der Steinburgen am Rockpool leben eine Menge Eidechsen. An unserem bevorzugten Sonnenplatz kennen sie uns inzwischen und sobald wir uns dort niederlassen erscheinen sie hurtig auf den umliegenden Steinen und schauen, ob etwas Obst für sie abfällt. Vor allem Banane zieht sie magisch an und dann verlieren sie jede Scheu und holen sich die begehrte Leckerei auch direkt aus der Hand.

Rund um Charco de Palo erkunden wir auf ausgedehnten Spaziergängen die Landschaft und freuen uns über das nach den ausgiebigen Regenfällen üppig sprießende Grün. Ann, eine hier dauerhaft lebende Belgierin bietet Pflanzenwanderungen an (Tel: 0034 657 76 21 60). Das ist ein Thema, dass mich sehr interessiert und nach der rd. 2 stündigen Führung habe ich eine Menge dazugelernt. Einige der vorgestellten Pflanzen werden nun unseren Speisezettel bereichern und von welchen ich ganz bestimmt die Finger zu lassen habe weiß ich jetzt auch. Ann hat wirklich sehr viel Wissen insbesondere auch zu der Verwendung als Heilpflanzen zusammengetragen und teilt es bereitwillig mit uns. Außerdem weiß ich jetzt endlich, wie man ganz einfach und ohne Gefahr sich Stacheln einzufangen die hier reichlich wachsenden Kaktusfeigen verzehrt. Dazu gibt es hier eine ausführliche Fotoanleitung.

Von Ann weiß ich, dass das Kanarische Sonnenröschen (Helianthemum canariense) in Symbiose mit der „papas crías“, der auf Lanzarote heimischen Wüsten- oder Sandtrüffel (Terfezia arenaria) wächst. Terfezien sind keine echten Trüffel ihr unverkennbarer Pilzgeschmack macht sie bei Einheimischen dennoch begehrt und wir haben einen kleinen Beutel dieser Spezialität geschenkt bekommen. Ich mache mich im Internet über die Zubereitung schlau, aber es ist gar nicht so einfach die Trüffeln vom Sand zu befreien. Anschließend werden sie mit Knoblauch angebraten. Der Geschmack ist pilzartig, aber sehr dezent und wir beschließen, den Sonnenröschen doch ihre Symbiosepartner zu belassen und unseren Speisezettel nicht mit ihnen zu bereichern.

Inzwischen haben die Regenfälle auf der Insel zu einem üppigen Pflanzenwachstum geführt. All die kargen Flächen, die vor kurzem noch braun und trocken vor sich hin dörrten, schmücken sich jetzt mit einem Blütenmeer. Besonders erstaunlich ist, dass sich die Wildblumen nur selten zu einem bunten Durcheinander mischen. Meist kommt nur eine Art vor – dann aber in überwältigenden Massen.

Natternkopf Lanzarote, Blume blau

Auf den Feldern und Brachflächen rund um Charco de Palo dominiert die Farbe blau. Verursacher dieser Blütenteppiche ist eine kleine Pflanze aus der Familie der Natternköpfe (Echium lancerottense). Wir haben einen schönen Rundweg entdeckt, der erst südlich entlang der Küste, dann durch leicht wüstenartiges Gelände landeinwärts führt. Einen richtigen Weg gibt es nicht, aber es ist unproblematisch den kleinen, trockenen Wasserläufen zu folgen. Im Bereich der brachliegenden Felder – nur wenige werden noch mit Kakteen bewirtschaftet – ist es einfach auf den dicken Mauern zu gehen. Auch querfeldein stellt kein Problem dar, da es an jeder Mauer auch eine niedrige Stelle gibt, die als Durchgang genutzt werden kann.

Wanderung bei Charco de Palo

Charco del Palo - im Hintergrund der Monte Corona
Charco del Palo - im Hintergrund der Monte Corona

In diesem Bereich südlich von Charco de Palo wächst auch Burchards Fliegenblume (Apteranthes burchardii, bis vor kurzem noch Caralluma). Das ist eine recht unscheinbare, stammsukkulente Pflanze, die äußerst selten ist und auf der Roten Liste steht. Sie ist ausschließlich auf Lanzarote und Fuerteventura endemisch. Die hübschen Blüten locken mit einem für unsere Nasen üblem Aasgeruch Fliegen als Bestäuber an. Die zur Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse gehörende Fliegenblume ist giftig.

Wolfsmilchgewächse auf Lanzarote

Die dauerhafte Flora in diesem Gebiet wird aber hauptsächlich von zwei Wolfsmilch-gewächsen dominiert, die auch oft direkt nebeneinander wachsen. Dabei handelt es sich zum einen um die Balsam-Wolfsmilch (Tabaiba, Euphorbia balsamifera, im Bild rechts). Sie hat einen kurzen dicken Stamm und viele Äste, an deren Ende lanzettförmige Blätter angeordnet sind. Nach Angaben von Ann, kann ihr Saft als Gegenmittel zu dem ätzenden und aggressiven Saft der zweiten Wolfs-milchart genutzt werden. Dies ist die König-Juba-Wolfsmilch (bittere oder saure Wolfsmilch, Euphorbia regis-jubae, Tabaiba salvaje, im Bild links), die ähnlich, aber viel zarter aussieht. Ihr Saft wurde früher genutzt, um in flachen Lagunen Fische zu betäuben und zu fangen.

Hält man sich bei einer Wanderung um Charco de Palo nördlich, so findet man parallel zu Küste eine weite, sandige Ebene (Jable). Der helle Sand besteht aus den zermahlenen Resten der vielen kleinen Schneckenhäuser, die hier überall zu finden sind. Zahlreiche Spuren im Sand zeugen von regem Tierleben. Zu sehen bekomme ich aber nur einige Eidechsen, einen Käfer, Heuschrecken und einen jagenden Falken.