13.05. - 28.05. Spanien

Direkt von der Fähre kommend fahren wir am Abend noch bis El Rocio. Hier kennen wir uns inzwischen gut aus und wissen, dass wir immer einen ruhigen Übernachtungsplatz finden. Außerdem finde ich es immer wieder interessant zu beobachten, was sich so in der Lagune tut und welche gefiederten Gäste gerade anwesend sind. Auch die am Wochenende hier flanierenden Reiter und Kutschen sind immer wieder schön anzuschauen.

Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg zu Lagune. Die Flamingos sind zahlreich vertreten, haben sich aber in die hinteren Bereiche der Lagune verzogen und nur das gute Zoom ermöglicht überhaupt Bilder. Ich entdecke einige kleine Reiher, die mir unbekannt sind. Spätere Recherche ergibt, dass dass es sich um Rallenreiher handelt. Die von mir hier erwarteten Bienenfresser sind leider nicht zu entdecken.

Impressionen aus El Rocio

Nach Abschluss meiner naturkundlichen Beobachtungen fahren wir weiter. Von El Rocio Richtung Sevilla nehmen wir diesmal nicht die A 49 sondern fahren querfeldein. Das kürzt die Strecke erheblich und ist landschaftlich auch sehr viel interessanter, da die Straßen in weiten Teilen durch Naturschutzgebiet führen. Es hat aber auch einen Nachteil und das sind die gefühlt alle 300 Meter vorhandenen Schwellen zur Verkehrsberuhigung. Zum Schutz der Tiere vor Rasern macht es ja Sinn, aber mit dem Sprinter müssen wir stark abbremsen um nicht zu sehr durchgeschüttelt zu werden. Dann wieder beschleunigen und wieder.... usw. So geht es fast 30 km. Das nervt schon.

Extremadura, Ruine mit Storchennestern

Auf der N630 geht es dann bis Merida und quer durch die Extremadura bis zum Embalse de El Burguillo, der auf der Höhe von Madrid liegt. Überall blüht es und jeder Kirchturm ist von zahlreichen Storchennestern gekrönt. Viele der kleinen Orte haben einen hübschen Ortskern mit alten Burgen. Wir merken uns diese Orte für ein andermal vor, wenn mehr Zeit für die Rückreise eingeplant ist.

Castillo de Oropesa
Castillo de Oropesa

Am Embalse de El Burguillo verbringen wir eine ruhige Nacht mit schönem Fernblick. Am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Sepulveda. Avila ist wieder eine der Städte, die wir uns für später vormerken. Die Altstadt ist von einer beeindruckenden Stadtmauer umgeben. Direkt an ihrem Fuß ist ein Wohnmobilstellplatz und ganz in der Nähe ist der weitläufige Embalse del Castro de Las Cogotas. Interessante Ecke! Auch Segovia hat einiges an alten Gemäuern zu bieten. Über die N110 fahren wir in den Ort, in dem es leider keinen Parkplatz zu ergattern gibt. Also machen wir die Besichtigung vom Sprinter aus und fahren über die Cuesta de los Hoyos, die direkt entlang der Altstadtzone führt. Von Zeit zu Zeit gibt es Kurzhaltebuchen, die wir für eine Schnellerkundung der Gegend nutzen. Direkt kann man die Altstadt von hier aus nicht erreichen, da ein gewaltiger Burggraben dazwischenliegt. Den schönsten Blick auf Segovia haben wir aber von der Landstraße kurz vor Zamarramala.

Avila hat eine beeindruckende Stadtmauer
Avila hat eine beeindruckende Stadtmauer
Segovia genauer zu erkunden haben wir uns vorgemerkt.
Segovia genauer zu erkunden haben wir uns vorgemerkt.

Nachdem wir an so vielen Kirchtürmen mit Storchennestern vorbeigefahren sind, machen wir einen kurzen Abstecher zur Iglesia de San Pablo die in einem Miniörtchen auf der Höhe von Cantimpalos liegt. Hier machen wir Mittagspause und ich fotografiere die Störche, die mit der Aufzucht ihrer Jungen beschäftigt sind. Heute gibt es Maus – also bei den Störchen, nicht bei uns!

Am Nachmittag erreichen wir den Parque Natural de la Hoces del Rio Duraton und kurz darauf den Parkplatz in der Nähe der Ermita de San Frutos. Die 4,5 km lange Piste von dem Örtchen Villaseca zu besagtem Parkplatz ist mittlerweile eine arge Schlaglochpiste. Die herrliche Natur und die große Gänsegeierkolonie ist den Aufwand aber auf jeden Fall wert. Die Geierpopulation im Naturpark zählt rd. 1400 Exemplare und ein recht großer Anteil von ihnen brütet in den Steilwänden rund um die Ermita de San Frutos. Es soll sich um eine der größten Gänsegeierkolonien Spaniens handeln.

Ermita de San Frutos am Rio Duraton
Ermita de San Frutos am Rio Duraton

Als wir im letzten Jahr hier die Geier beobachtet haben, war meine alte Kamera mit dem heranzoomen der gegenüber der Ermita auf der anderen Flußseite liegenden Geiernester schlicht weg überfordert. Jetzt bin ich besser ausgerüstet und sehr gespannt auf das was ich zu sehen bekommen werde. Und das ist eine ganze Menge. Die vom hellem Geierkot markierten Nist- und Sitzplätze sind gut zu erkennen. Ca. von Januar bis März wird gebrütet und bis Juli sitzen die Jungen im Nest. In vielen Nester ist ein junger Geier auszumachen, stets bewacht von einem Elternteil. Bei den Gänsegeiern teilen sich die Partner sowohl Brut als auch Kükenaufzucht. In Sachen Gleichberechtigung sind sie da fortschrittlicher als manche Menschen. Es ist Mitte Mai und die Geierküken sind schon recht groß und gut befiedert. Immer wieder trainieren sie ihre Schwingen um die Flugmuskeln zu kräftigen. Einige von ihnen, deren Nester höhlenartig sind haben es gar nicht so einfach, da die Schwingen überall anstoßen. In der Luft sind gerade nicht so viele Geier zu beobachten. Dafür ist es einfach die falsche Zeit, da die meisten gerade weit im Land unterwegs sind um sich nach etwas Essbarem umzuschauen. Pro Tag fliegen Gänsegeier durchaus einen Kreis mit 100 Kilometer Radius ab.

Die Trockenrasenwiesen rund um die Ermita stehen in Blüte und bilden artenreiche, wunderschön anzusehende Blumenmatten wie wir sie von Zuhause kaum mehr kennen. Jedenfalls nicht aus den landwirtschaftlich intensiv genutzten Gegenden. Um Haubenlerchen und Rotkopfwürger zu beobachten wandere ich durch die höhergelegenen Wiesen. Außer der gelegentlichen Beweidung durch Schafe finden hier keine weiteren menschlichen Eingriffe statt und die Vielfalt der Pflanzen ist überwältigend. Mohn, Margeriten, Lein, Lichtnelken, Habichtskraut, der lilienartige Affodill, Sandglöckchen, Natternkopf und noch viele mehr, die ich zum Teil noch nicht einmal bestimmen konnte. Auch eine hübsche kleine Orchidee die Gelbe Bienenragwurz (Ophrys lutea) ist zu finden. Als ich zum Sprinter zurückkomme riechen meine Schuhe derart intensiv nach Thymian, dass bald darauf der ganze Sprinter auch danach duftet.

Ermita de San Frutos im Parque Natural de la Hoces del Rio Duraton

Am nächsten Morgen gehen wir gehen 8.30 Uhr Richtung Ermita und es sind schon die ersten Geier am Himmel zu sehen. Auf einem breiten, mit Gras bewachsenen Felsvorsprung sammeln sich rd. 25 Geier um sich von der Morgensonne aufwärmen zu lassen. Es geht sehr friedlich zu. Das ändert sich auch nicht, als viele der großen Vögel anfangen ihre Schwingen auszubreiten um die Sonnenwärme noch besser einzufangen und es deshalb auf dem Felsvorsprung ziemlich eng wird.

Gänsegeier

Nach und nach erheben sich immer mehr Geier in die Luft und kreisen um eine passende Luftströmung zu finden. Einige machen Paar-Formationsflüge, was unter Geiern wohl der Festigung der Partnerschaft dient.

Der Rio Duraton macht in diesem Gebiet sehr enge Flussbiegungen und der Landstreifen auf dem die Ermita steht ist an der schmalsten Stelle nur rd. 120 Meter breit. Rechts und links geht es steil hinab zum Fluss. Diesen Bereich überfliegen die Geier oftmals sehr tief und es ist ein fantastisches Erlebnis, wenn die großen Vögel mit einer Spannweite von fast 3 Metern nur rd. 4 bis 5 Meter über unseren Köpfen dahingleiten. Oftmals sind sie so schnell unterwegs, dass wir nur von dem Rauschen in der Luft darauf aufmerksam gemacht werden, dass wieder ein Geier über uns unterwegs ist.

Unter Geiern

Noch mehr Geierfotos gibt es hier.

Unsere nächste Reiseetappe führt uns nach Arguedas, ein kleines Städtchen, das am Rand des Parque Natural de las Bardenas Reales liegt. Auf dem Weg dorthin entdecke ich mehrere Bienenfresser und machen ein paar Fotos. Ich wundere mich darüber, dass die Vögel recht unruhig sind und sich nur kurz einmal niederlassen. Als ich später meine Fotos auswerte wird mir der Grund klar. Im hohen Gras der Wiese ist eine ziemlich große Schlange unterwegs, die nur aus Zufall mit auf´s Bild gekommen ist.

Der Wohnmobilstellplatz in Arguedas ist etwas ganz besonderes und zwar nicht deshalb, weil er kostenfrei und sehr ordentlich ist. Nein – es ist sozusagen der Hintergrund des Platzes oder besser gesagt die Höhlen von Arguedas. Bei den Höhlen handelt es sich um in den weichen Stein gegrabene Wohnhöhlen, die bis in die 1960 er Jahre bewohnt wurden. Die Besichtigung ist kostenlos, aber wegen akuter Einsturzgefahr wird vor einer Innenbesichtigung gewarnt. So ganz habe ich mich davon nicht abhalten lassen, aber einige der ehemaligen Wohnräume waren wirklich so desolat, dass ich es lieber bei einem Bild durch die Tür belassen habe. Eine der Höhlen ist sehr gut erhalten und selbst der Einbauherd ist noch vorhanden. Die Räume sind in rosa und hellblau gehalten. Hier zu wohnen kann man sich wirklich gut vorstellen, zumal die Raumtemperatur Sommers wie Winters recht angenehm gewesen sein soll.

 

Übrigens noch ein Tipp: Es ist nicht ratsam auf der Suche nach dem Stellplatz in den Ort hinein zu fahren. Das wird schwierig. Ca. 1 km vor dem Ortseingang weist ein kleiner, leicht zu übersehender Wegweiser nach rechts. Diesem folgen!

 

Wir erleben noch eine weitere, sehr erfreuliche Überraschung. Auf dem Stellplatz treffen wir Mary und Henry mit ihrem Truck. Wir kennen uns schon länger von Overlandertreffen in Deutschland und auch in Portugal sind wir uns schon begegnet und stehen im losen Whats-App-Kontakt. Wir haben die Beiden viel weiter nördlich vermutet und freuen uns sehr über das Treffen!

Am nächsten Tag machen wir uns auf in die Bardenas. Wir haben ein paar Bilder gesehen, aber ansonsten keine rechte Vorstellung was uns erwartet. Eine Halbwüste – hm, schwer vorstellbar so direkt in der Nähe der unzähligen vom Ebro bewässerten Reisfelder.

 

Die Bardenas Reales sind seit 2000 UNESCO Biosphärenreservat und bestehen grob gesagt aus zwei Teilen. Den Bardena Blanca und den Bardena Negra. Nachdem im Bereich der Bardena Blanca in den letzten eintausend Jahren die Wälder fast restlos abgeschlagen wurden, bildete sich eine durch Erosion geprägte wüstenähnliche Mondlandschaft. In den Bardena Negra haben Bäume überlebt, überziehen die Berge und lassen sie dunkel erscheinen. Daher der Name.

Bardenas Reales
Bardenas Reales

In den Bardena Blanca sind die zerklüfteten Berge von festerem Gestein den sogenannten »Cabezos« gekrönt. Diese verhindern bzw. verzögern die Auswaschung der darunter befindlichen weichen Gips und Ton Schichten und so entstehen skurrile Felsformationen wie der bekannte Castildetierra. Diese Landschaft ist so einzigartig, dass sie auch schon für etliche Filmproduktionen die Kulisse bildete. Die bekannteste davon dürfte „Game of Thrones“ sein.

 

Wir fahren von Arguedas zum Informationszentrum „Centro de Información de Bardenas Reales“. Immer noch sieht die Landschaft recht gewöhnlich aus. Im Besucherzentrum bekommen wir eine Karte mit den markierten Strecken für Wanderer, Radfahrer und motorisierte Fahrzeuge. Diese Karte ist kostenlos und auch für den Naturpark wird kein Eintritt erhoben. Sehr entgegen- kommend! Der Park kann zwischen 8 Uhr am Morgen bis eine Stunde vor Sonnenuntergang besucht werden. Je länger wir der Rundtour folgen, desto mehr ändert sich der Charakter der Landschaft und nach rd. 4 km erreichen wir einen der bekanntesten Felsen den Castildetierra. Bislang haben wir auf der Strecke noch niemanden getroffen und wir nehmen uns Zeit die Umgebung des markanten Felsen zu erkunden.

"Game of Thrones" lässt grüßen - oder rund um den Castildetierra!

Bardenas Reales, Castildetierra
Bardenas Reales, Castildetierra
Suchbild mit Sprinter

Am Castildetierra beginnt die rd. 30 km lange Rundstrecke. Die Piste ist hervorragend und von jedem Fahrzeug, egal ob PKW oder Wohnmobil, gut zu befahren. Wir fahren gegen den Uhrzeigersinn, aber im Grunde ist die Fahrtrichtung egal. Die Farben der Felsformationen reichen von fast reinweiß bis zu verschiedenen Rottönen. Überall wo es möglich ist, halten wir um die Landschaft aus der Nähe zu erleben und dabei werden wir mit einer weiteren Besonderheit dieses Biosphärenreservates konfrontiert. Das Gebiet inmitten der Rundstrecke ist nämlich militärisches Sperrgebiet und wir können aus gefühlt nächster Nähe einen Hubschrauber beobachten und sogar das Mündungsfeuer erkennen. Später gesellen sich noch Flugzeuge hinzu, die ohrenbetäubend laut und extrem tief über die Landschaft donnern. Seltsames Gefühl! Ein Biosphärenreservat mit Militärbasis – das ist wohl einzigartig. Allerdings muss man anmerken, dass zuerst die Militärbasis bestand und später das umliegende Gebiet zum Biosphärenreservat erklärt wurde.

Bardenas Reales, Balsa de Zapata
Bardenas Reales, Balsa de Zapata

Nach ungefähr 2/3 der Strecke sehen wir hinter ein paar Büschen einen türkisgrünen See schimmern. In dieser kargen, wüstenähnlichen Landschaft wirkt er wie eine Fata Morgana. Es handelt sich um den Balsa de Zapata. Leider liegt er in der militärischen Sperrzone und ich begebe mich auf verbotenen Boden. Zumindest für rd, 150 Meter. Nach ein paar schnellen Fotos – der See in dieser Landschaft sieht einfach nur genial aus – trete ich zügig wieder den Rückweg an. Ist doch irgendwie ein blödes Gefühl zumal wenn man im Hintergrund ständig Geschützfeuer hört.

Wohnmobil, Bardenas Reales, Halbwüste

Kurz vor Ende der Rundstrecke erreichen wir eine weitere sehr beeindruckende Felsformation den Cabezo de las Cortinillas. Auf einen Teil des Berges führt eine Treppe, deren Stufen zum Teil schon weggeschwemmt wurden. Von oben hat man eine gute Aussicht über die Bardenas.

Wohnmobil in den Bardenas Reales

Eine Rundfahrt durch die Bardenas Reales

Kurz vor dem Beginn der Rundstrecke. Der kleine Termitenhügel direkt voraus links im Bild ist der Castildetierra.
Kurz vor dem Beginn der Rundstrecke. Der kleine Termitenhügel direkt voraus links im Bild ist der Castildetierra.
Bardenas Reales, Bardena Blanca, Halbwüste Spanien
Bardenas Reales, Bardena Blanca, Halbwüste Spanien, Wohnmobil

Kurz darauf sind wir wieder am Ausgangspunkt der Rundtour und entscheiden uns noch eine andere Strecke zu fahren, die durch den Bereich La Blanca Alta führt. Dazu folgen wir rd. 6 km der bereits bekannten Rundstrecke und biegen dann nach links ab. Die Landschaft ist auch sehr schön, aber bei weitem nicht so spektakulär wie die Rundtour. Wir begegnen einem Schäfer mit einer großen Schafherde. Auch ein Esel und ein paar Ziegen sind dabei. Auch ein paar Bienenfresser sind zu entdecken. Nach ca. 19 km erreichen wir die NA 128 und fahren über Carcastillo und Caparroso zum Embalse del Ferial einem wieder im Biosphärenreservat gelegenen Stausee. Zurück in Arguedas sitzen wir noch länger mit unseren Freunden und ihren Bekannten zusammen und besprechen die Eindrücke des Tages.

Knapp 90 km entfernt von den Bardenas liegen auf unserer Reiseroute noch ein paar Punkte, die ich vor geraumer Zeit mal als interessant markiert habe. Und so lautet unser nächstes Ziel Agüero. Das kleine Dörfchen ist eigentlich nicht unbedingt etwas Besonderes – wenn es nicht so malerisch am Fuß der Mallos de Agüero, einem steil aufragenden Bergstock gelegen wäre. Auf der schmalen Landstraße nach Agüero habe ich unerwartet eine tolle Gelegenheit Bienenfresser zu beobachten. In einer direkt an der Straße gelegenen Lehmwand sind sogar einige Niströhren zu beobachten.

Das Dorf Agüero vor den Mallos de Agüero.
Das Dorf Agüero vor den Mallos de Agüero.

Von Agüero geht es weiter nach Riglos. Auch hier recken sich bis zu 280 m hohen Felstürme senkrecht in die Höhe. Die Mallos de Riglos zählen mit zu den spektakulärsten Landschaften der spanischen Vorpyrenäen. Aus der Nähe ist es schwer die Szenerie auf ein Foto zu bannen. Selbst Hochformat reicht da nicht aus. Einen guten Überblick hat man aber von der Carretera de Riglos in einer Kurve ca. 500 m vor dem Ortseingang. In den Ort hineinzufahren ist Wohnmobilen untersagt und bei den engen Gassen ist das auch besser so. Dafür gibt es kurz vor dem Ort auf der rechten Seite einen Parkplatz auch für Womo´s – all zu lang sollten diese aber nicht sein. Von dort aus machen wir uns zu Fuß auf Erkundungstour.

 

Riglos ist ein Mekka für Kletterer. Beeindruckt nehmen wir die gewaltigen Dimensionen in uns auf. Bei so steilen Felswänden halte ich immer Ausschau nach Geierhorsten. Sehr weit oben entdecke ich so eine vom Geierkot weiß markierte Stelle. Allerdings sitzt kein Geier im Nest sondern ein Mensch! Ich traue meinen Augen nicht und zoome mit der Kamera das Nest heran. Tatsächlich ein angeseilter Sportkletterer hat es sich dort gemütlich gemacht. Weitere Kletterer sind auf dem Weg nach oben. Geier sind hier keine mehr – war ihnen wohl zu lebhaft.

 

Auf der linken Ortsseite ragt neben den Hauptfelsen eine steile Felsnadel wie ein gereckter Zeigefinger in die Höhe. Auch hier entdecke ich durch die Kamera Kletterer. Drei von ihnen stehen oben auf der Spitze. Platz für mehr Personen ist nicht vorhanden. Da wird mir ja vom bloßen Zuschauen schwindelig.

Das Dörfchen Riglos besteht nur aus wenigen Gassen. Wir halten uns links und kommen auf den Wanderweg, der im Bogen um den markanten El Pison herumführt. Die Aussicht ist herrlich und über unseren Köpfen kreisen die Geier. An einer Stelle haben Kletterer ein Warnschild aufgestellt, da sich durch die Kletterei Steine aus der senkrechten Felswand lösen könnten. Die Felsen bestehen aus Konglomeratgestein, also nicht aus einem einheitlichen Material sondern teilweise wirken sie eher, als ob Sand etc. mit mehr oder weniger großen Findlingen fest verpresst wurde. Da löst sich halt schon mal was. Mit etwas flauem Gefühl passieren wir zügig diese Stelle und gehen noch ein Stück weiter auf der Route. In abgelegeneren Bereichen können wir auch wieder Geiernester ausmachen in denen - wie es sich gehört – Geier sitzen.

Auf dem Rückweg hören wir kurz vor der markierten Stelle mit den Kletterern Gestein herab prasseln und sehen es auch auf dem Weg liegen. Ich finde das gar nicht mehr lustig, aber es gibt schlichtweg keine Alternative zu diesem Rückweg und die Stelle ist auch so eng, dass man den Weg nicht umgehen kann. Ich gebe Gas um die Stelle so schnell wie nur möglich hinter mir zu lassen. Thomas geht es langsamer an - was mich nicht gerade beruhigt. Wir haben jedenfalls Glück und während dieser Zeit bleiben die Steine alle oben. Auf dem Rückweg haben wir noch eine schöne Aussicht auf die kleine Pfarrkirche Nuestra Señora del Mallo die malerisch vor den Felsen liegt.

Eigentlich haben wir heute schon genug erlebt, aber es ist noch recht früh am Tag und auf unserer Strecke liegt noch ein weiteres interessantes Ziel - der Canon de Anisclo (Cañon de Añisclo im Parque Nacional de Ordesa y Monte Perdido ). Er liegt ca. 130 km weiter auf unserer Route Richtung spanischer Ostküste. Den Hinweis auf diesen Ort hatte ich aus einer spanisch sprachigen Zeitschrift von Inma bekommen – nicht viel mehr also als ein interessantes Bild eines gewaltigen Tals und ein Wanderparkplatz soll auch dort sein. Diesen geben wir als Ziel ein und los geht’s.

Zeit zu recherchieren hatte ich nicht mehr, bzw. nehme sie mir nicht und das erweist sich als Fehler.

Recht spät am Nachmittag erreichen wir die Carretera del Canon de Anisclo, die bei Puyarruego zu einem extrem schmalen Sträßchen wird. Wir fahren entlang des Rio Bellos, der sich tief eingegraben hat und den Canyon formte. Auf der linken Seite erheben sich hohe Felswände, auf der Rechten geht es steil bergab. Ein Schild hat auf eine maximale Höhe von 3m hingewiesen. Das müsste ja passen, aber gefühlt hängen die Felswände schon extrem tief über uns. Die Straße ist einspurig, Ausweichstellen gibt es so gut wie gar nicht. Überall stehen Schilder, die vor Steinschlag warnen und wir haben noch rd. 12 km bis zu dem Parkplatz vor uns. Thomas ist hochkonzentriert mit dem Sprinter beschäftigt. Wegen der in geringer Höhe überhängenden Felsen muss er oft bis direkt an die Leitplanke ausweichen. Mein Blick von der Beifahrerseite geht senkrecht hinab in beachtliche Tiefen.

Straßenschild, Canon de Anisclo

Die Kilometer ziehen sich und als wir an einer Stelle an eine größere Haltebuch vor einem Tunnel kommen, überlegen wir ob es nicht besser wäre umzukehren. Zu dieser Überlegung trägt auch ein großes Straßen-schild bei, das den Eindruck erweckt, dass die Strecke eigentlich nur für Fußgänger, Rad- und Motoradfahrer gedacht ist. Bei einer späteren Übersetzung klärt sich, dass „peligro desprendimientos no aconsejado" bedeutet, dass wegen Erdrutschgefahr die auf den blauen Schildern gezeigten Tätigkeiten – also radfahren, wandern etc. gerade nicht empfohlen werden! Bei genauer Betrachtung unseres Navis erkennen wir aber, dass es sich bei der Carretera del Canon de Anisclo um eine Einbahnstraße handelt! Aha – umkehren ist also keine Alternative und ich bin jetzt auch die Sorge los, dass uns jemand entgegenkommen könnte.

 

Wir fügen uns also in unser Schicksal und setzen die Fahrt fort. Kilometer für Kilometer schlängelt sich die Straße parallel zum Rio Bellos. Mal etwas offener, aber meist eng und wie oben beschrieben. Thomas ist voll damit ausgelastet den Sprinter unter den Felsvorsprüngen durchzubekommen und ich lenke mich mit fotografieren ab – so geht es. Trotzdem bin ich recht froh, als wir den anvisierten Parkplatz erreichen. Er ist ziemlich klein und eine Rangerin hält Wache. Sie hat Mitleid mit uns und erlaubt uns über Nacht zu bleiben – Glück gehabt!

Mit dem Wohnmobil unterwegs auf der Carretera del Canon de Anisclo.

Manchmal braucht man Hochformate - Canon de Anisclo!

Am nächsten Morgen machen wir uns auf zu einer Rundwanderung (2 km, 130 Höhenmeter). Durch einen mit Moosen behangenen Märchenwald gehen wir bis zu einer Brücke über den Rio Aso. Dort rauscht ein schöner Wasserfall herab, an dessen Abbruchkante man auf großen Trittsteinen den Fluß überqueren kann. Muss man aber nicht, man kann auch den Weg fortsetzen und über die Brücke gehen.

Nach kurzer Zeit kommen wir an eine weitere Brücke die über den Rio Bellos kurz vor seinem Zusammenfluss mit dem Rio Aso führt. Hier machen wir auf flachen Felsen eine Pause und genießen das Idyll an einem kleinen Teich mit türkisgrünem Wasser. Die Flora in dem Tal ist vielfältig und wir sehen die Rosetten des blau blühenden Pyrenäen- Felsenteller, herrlich duftenden gelben Ginster, Immenblatt, Steinbrech, blauen Lerchensporn, usw. Kurz darauf erreichen wir die in den Felsen gebaute Ermita de San Urbez des Anisclo, bei der es sich um eine im 8. Jahrhundert entstandene Einsiedelei handelt.

Der Rundgang hat noch eine weitere Sehenswürdigkeit zu bieten – die alte Steinbrücke Puente de San Urbez. Direkt daneben wurde eine neue, höher gelegene Brücke gebaut, von der man den spektakulären Blick von oben auf die alte Steinbrücke und den tief darunter liegenden Rio Bellos hat.

Wanderung im Parque Nacional de Ordesa y Monte Perdido

Nach der Wanderung fahren wir weiter bis zum Aussichtspunkt La Tella von dem man einen schönen Blick entlang des Rio Aso hat. Anschließend geht es auf der Carretera de Buerba weiter. Sie ist keine Einbahnstraße, entsprechend gut ausgebaut und führt überwiegend durch Wald. Vom Mirador de Vio auf rd. 1250 Metern Höhe hat man einen fantastischen Überblick über den Canyon und die umliegenden Berge.

Fazit: Man sollte sich doch etwas besser über die Gegend informieren, in der man unterwegs ist. Das hätte meine Nervosität gelindert und ich hätte die Fahrt wesentlich mehr genießen können. Jetzt, wo ich die Straße kenne, würde ich Fahrt sofort ein zweites Mal unternehmen. Diese Straße durch den Canon de Anisclo ist wirklich etwas ganz Besonderes!

 

Wir fahren weiter am Südrand der Pyrenäen Richtung Ostküste. Bei La Pobla de Segur machen wir einen Abstecher zum Geierdorf Buseo. Die Straße dorthin ist ebenfalls ein kleines Abenteuer. Leider ist die nächste Geierfütterung schon ausgebucht und noch eine Woche warten ist uns zu lang. Also mal wieder – bis zum nächsten Mal! Wir übernachten in La Pobla de Segur.

Fahrt vom Canon de Anisclo nach Buseo

Blick über den Canon de Anisclo vom Mirador de Vio.
Blick über den Canon de Anisclo vom Mirador de Vio.

Die nächste Tagesetappe führt uns weiter Richtung Osten und gleichzeitig höher in die Pyrenäen. Wir kommen sehr nah an Puigcerda vorbei, dass direkt an der spanisch-französischen Grenze liegt. Unsere Überlegung: Vielleicht können wir hier den für Frankreich erforderlichen PCR-Test machen und schon hier über die Grenze fahren. Direkt am Ortseingang ist eine große Touristeninfo. Die Angestellte spricht sehr gut englisch. Das folgende Auskunftschaos hat also nichts mit Verständigungsschwierigkeiten zu tun. Auf meine Frage nach einem PCR Test erhalte ich die Antwort, dass ich diesen nur in einer rd. 40 km entfernt liegenden Stadt machen kann. Nö – zu weit! Aber ich könnte ihn doch in Frankreich machen. Nö – brauch ich beim Grenzübergang! Die Dame ruft in einem der beiden Krankenhäuser an. Jetzt können wir den Test doch hier machen. Aber wir müssen 72 Stunden warten bis wir nach Frankreich fahren. Nöööö – der Test ist in Frankreich nur 72 Stunden nach Erstellung gültig! Soviel geballtes Unwissen lässt mich dankend die Flucht ergreifen. Die für Frankreich erforderlichen Aufkleber (Fahrzeuge über 3,5 Tonnen w/ totem Winkel) hat man hier auch nicht. Also fahren wir weiter bis nach Ripoll.

 

Ripoll ist eine kleine Stadt in der Provinz Girona in Katalonien. Dort besichtigen wir die Klosterkirche Santa Maria de Ripoll. Das Benediktinerkloster wurde 879 gegründet und 1428 von einem schweres Erdbeben weitestgehend zerstört. Der anschließende Aufbau erfolgte im gotischen Stil. Das bedeutendste Kunstwerk ist das Portal aus dem 12. Jahrhundert. Ein Vorbau mit großen Glasfenstern soll den weiteren Verfall des Portals verhindern. Leider verhindert er auch eine Frontalaufnahme des gesamten Portals. Das Innere der Kirche ist dunkel und sehr schlicht. Die Fenster bestehen nicht aus Glas, sondern aus Alabaster. Der Kreuzgang umschließt einen kleinen Innenhof und die korinthisch beeinflussten Kapitelle der Rundbögen zeigen Szenen aus der antiken Mythologie.

Kloster Santa Maria de Ripoll

Nach einem Spaziergang durch den Ort gehen wir zurück zum Sprinter, der auf einem Parkplatz direkt neben der Polizeistation gut bewacht auf uns wartet. Hier verbringen wir auch eine ungestörte Nacht, bevor wir weiter über Figueres zum Küstenort Empuribrava fahren. Unser Ziel ist ein deutschsprachiger Arzt, bei dem wir den PCR Test machen lassen wollen. Empuribrava sieht aus wie Klein-Venedig und wimmelt nur so vor Touristen. Die Arztpraxis hat sogar am Sonntag geöffnet und um 12 Uhr haben wir bereits das benötigte Testergebnis. Wir starten sofort Richtung französische Grenze und stoppen nur kurz in dem großen Gewerbegebiet vor der Grenze. Wir brauchen ja noch die bereits genannten Aufkleber für den Sprinter. Die erste Tankstelle weiß von nichts, aber bei der zweiten werden wir fündig. An der Grenze erfolgen keinerlei Kontrollen, aber an der ersten Mautstation auf der Autobahn werden wir kontrolliert. Pässe und Test vorzeigen – fertig. Wir durchqueren Frankreich mit nur einer Übernachtung, da dann der Test auch noch für Deutschland gültig ist. An der deutschen Grenze gibt es aber ebenfalls keine Kontrollen. Auch nicht, als wir auf dem Weg zu unserem Zwischenziel (Ormocar) noch einmal nach Frankreich hineinfahren und dann wieder zurück auf deutsches Gebiet kommen.

 

Bis zum kommenden Herbst werden wir den Sommer in Deutschland verbringen. Wenn alles nach Plan verläuft geht es Anfang Oktober wieder Richtung Süden. Corona hat die Reisewelt leider noch „kleiner“ gemacht.